Klangkantine Studios
Kritiker der Energiewende prangern häufig „Geisterstrom“ an. Damit meinen sie Strom aus Windkraftanlagen, die bei Sturm stillstehen. Dabei empört sie, dass die Betreiber dieser Anlagen dafür auch noch eine Entschädigung erhalten, immerhin hunderte von Millionen Euro pro Jahr.
Warum muss man Windräder abregeln und Kraftwerksbetreiber entschädigen? Es ist doch eigentlich gut, wenn es kräftig stürmt und die Windräder auf Volldampf rotieren. Und der Strom aus den Windräder wird doch gebraucht, um den Bedarf zu decken? Der Grund für das Abregeln ist, dass die Stromleitungen von Nord nach Süd leider (noch) nicht so ausgebaut sind, dass sie diese großen Mengen Windstrom vollständig abtransportieren können. Es bildet sich ein Flaschenhals, vor dem sich der Strom quasi staut. Und ein Großteil des Stroms wird nun einmal auf der anderen Seite des Flaschenhalses benötigt.
Wer in Süddeutschland Tomaten aus dem Norden bestellt und diese können bei Stau auf der Autobahn nicht pünktlich geliefert werden. Pech gehabt, schade, ärgerlich – aber trotzdem nicht weiter schlimm. Beim Strom allerdings ist es sehr schlimm: Bestellter Strom, der nicht geliefert werden kann, führt zu einer Störung im Gesamtsystem, weil Angebot und Nachfrage nicht mehr im Gleichgewicht sind. Um im Tomatenbild zu bleiben: Es müssten dann unter allen Umständen Tomaten von dort herangekarrt werden, wo es keinen Stau gibt.
Beim Strom löst man dieses Problem so, indem man die Erzeugungsanlagen VOR dem Stau oder Engpass herunterregelt, um die Leitungen vor Überlastung zu schützen. Dafür muss man sie entschädigen, denn ihre Stromproduktion wurde ja im Süden schon gekauft. Gleichzeitig weist man Erzeugungsanlagen HINTER dem Stau an, ihre Stromproduktion hochzufahren, damit die bereits verkauften Strommengen auch wirklich geliefert werden können. Auch dafür muss man bezahlen, denn warum sollten sie ganz umsonst die entstandene Versorgungslücke ausfüllen. Das nennt man dann Redispatch.
Man greift also in den Fahrplan der Kraftwerke von außen ein. Man ersetzt umweltfreundliche Wind- und Solaranlagen im Norden durch weniger umweltfreundliche Gas- und Kohlekraftwerke im Süden. Das ist teuer und nützt auch nicht dem Klimaschutz. Zum Glück ist es eher die Ausnahme als die Regel.
Über dieses sogenannte Engpassmanagement spreche ich mit Julia Herter, sie ist Fachgebietsleiterin in der Systemführung von 50Hertz und kümmert sich dort unter anderem um Systemdienstleistungen, die für die Stabilität des Stromnetzes erforderlich sind.
Buch: https://buchshop.bod.de/strom-fuers-hertz-volker-gustedt-9783756885213
Weitere Informationen zum Thema Strom und Stromnetze gibt es auf diesen Internetseiten von 50Hertz und den anderen deutschen Übertragungsnetzbetreibern Amprion, TenneT und TransnetBW.
http://www.50hertz.com/
http://www.amprion.net/
http://www.tennet.eu/
http://www.transnetbw.de/
Netzentwicklungsplan Strom : https://www.netzentwicklungsplan.de/
Mehr zu Netztransparenz: https://www.netztransparenz.de/
Wer sich für Zahlen, Daten, Fakten interessiert, dem empfehle ich die Energy-Charts des Fraunhofer Instituts für solare Energiesysteme.
www.energy-charts.info
Ich wünsche Euch viel Spaß beim Entdecken der wundersamen Welt des Stroms.
Impressum:
Der Podcast „Strom zum Anfassen“ ist eine Produktion von Klangkantine Studios im Auftrag von 50Hertz.
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