Am 9. November feiert Deutschland 30 Jahre Mauerfall, doch die Deutsche Einheit scheint ferner denn je. Viele Ostdeutsche fühlen sich als Bürger zweiter Klasse, und die AfD feiert im Osten einen Wahlerfolg nach dem nächsten. Für Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW), war die Wiedervereinigung wirtschaftlich gesehen ein Erfolg – kaum jemals zuvor habe eine Volkswirtschaft eine so dramatische Veränderung erlebt und so erfolgreich gemeistert wie die ostdeutsche in den Neunzigerjahren, so Fratzscher.

Doch seit einigen Jahren sieht die Sache anders aus: Es mangelt an Investitionen, Modernisierungsmaßnahmen werden nicht konsequent weitergeführt, das Lohngefälle zwischen Ost- und Westdeutschland besteht fort, gefolgt von einem höheren Armutsrisiko im Osten – alles Faktoren für eine fortdauernde soziale und politische Polarisierung in Deutschland.

Fratzscher plädiert für eine zweite wirtschaftspolitische Phase nach der Wiedervereinigung, er sagt: „Es reicht nicht mehr, Ostdeutschland lediglich als verlängerte Werkbank westdeutscher Unternehmen zu betrachten. Eine solche Strategie ist zum Scheitern verurteilt.“

Jakob Augstein diskutiert mit Marcel Fratzscher über Lebensverhältnisse in Ost und West, über Mittel und Wege für eine mögliche Trendwende – über einen neuen „Aufschwung Ost“.

Das Gespräch wurde im Rahmen des radioeins und Freitag Salon am 28.10.2019 in der Berliner Volksbühne aufgezeichnet

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