Ob beim Online-Shopping, bei Recherchen oder der Kommunikation mit Freunden: Internetnutzer hinterlassen überall im Netz Unmengen an Daten. Tech-Konzerne analysieren diese Daten mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI), um ihre Kunden besser zu verstehen, ihre Angebote zu optimieren oder um ihnen passgenaue Werbung einzuspielen. Und je mehr Daten diese Konzerne haben, desto besser verstehen sie ihre Kunden.

Das muss sich ändern, findet jedenfalls die Informatikerin Katharina Zweig von der TU Kaiserslautern. Im Podcast Handelsblatt Disrupt fordert sie im Gespräch mit Handelsblatt-Chefredakteur Sebastian Matthes einen radikalen Schritt: Tech-Konzerne sollten die Daten ihrer Nutzer nicht mehr speichern und nach Belieben verwenden dürfen.

Stattdessen sollen Facebook, Amazon und Google die Daten ihrer Nutzer künftig auf speziellen, unternehmensunabhängigen Plattformen ablegen, sogenannten „Data Trust Centers“. Die Nutzer wiederum erlauben den Tech-Konzernen dann die Analyse und Weiterverarbeitung ihrer Daten.

Wenn Konzerne wie Facebook, Amazon und Google die Daten etwa für Produktempfehlungen nutzen wollen, müssen die Inhaber zustimmen. „Die KI kommt nur vorbei und lernt aus den Daten“, sagt Zweig. Die Inhaber könnten ihre Zustimmung jederzeit ändern oder zurückziehen.

**„Monopole werden aufgebrochen“**

Das sei laut Zweig eine echte „Demokratisierung von Daten“. Dadurch erlangen nicht nur die Nutzer die Kontrolle über ihre Daten zurück. Diese unabhängigen Daten-Sammelstellen würden laut Zweig auch Innovationen antreiben, die Nutzer könnten auch kleineren Unternehmen Zugriff auf ihre Daten erlauben – kleineren Online-Shops zum Beispiel, die bislang wenig über ihr Einkaufsverhalten wissen.

Dadurch würden „die Monopole der Tech-Konzerne aufgebrochen und neue Geschäftsmodelle entstehen“, sagt Zweig.

Diese Form der Daten-Demokratisierung habe laut Zweig auch das Potenzial, Bildung und Medizin zu revolutionieren: Wenn KI mithilfe anonymisierter Daten neue Lehrmethoden für Kinder oder durch medizinische Studien bessere Behandlungsmöglichkeiten schaffe, sei das ein großer Gewinn. Zur Finanzierung dieser neuen Daten-Sammelstellen fordert Zweig einen Europäischen Forschungsfonds.

Neben persönlichen Daten beschäftigt sich Zweig mit der Nutzung industrieller Daten. Diese seien gerade im Industrieland Deutschland massenhaft vorhanden. Nun müssten sie zum Einsatz kommen – etwa in Fabriken, um Produktionsabläufe zu beschleunigen und Fehler frühzeitig zu erkennen.

Die oft formulierte Sorge, dass KI Millionen Jobs vernichte, hat Zweig indes nicht. Wenn neue Technologien entwickelt würden, bei denen mehr KI zum Einsatz komme, würden die Produktionskosten und damit der Preis sinken. Dadurch könnten teurere Produkte entstehen, für deren Herstellung mehr Arbeitsplätze gebraucht würden. „Denn sichtbar menschliche Handarbeit ist Geld wert und ein Statussymbol.“

Seit 20 Jahren informiert Zweig in Büchern und Artikeln sowie als Beraterin von Ministerien und Kommissionen über die ethischen, politischen und gesellschaftlichen Implikationen von KI. Zugleich ist sie Mitglied im Herausgeberbeirat des Handelsblatts.

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